94 Deutschlandspiel

60 Jahre Deutschland, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, dies ist auch heute wieder das Motto der kommenden 60 Minuten auf Ihrer Lieblingsfrequenz.

Um uns und Ihnen bei dem Thema eine kleine Auszeit von ständiger Nörgelei zu gönnen, wollen wir uns heute dem Gegenstand des Unbehagens einmal im wahrsten Sinne des Wortes spielerisch nähern. Dafür haben wir uns auf die Suche nach Gesellschaftsspielen gemacht, die in irgendeiner Form mit Deutschland zu tun haben und sind dabei auf das fantastische Brettspiel „Germanomanie“ aus der Verlagsanstalt Ravensbrück gestoßen.

Das Spiel besteht aus einem 100 x 100 cm großen Spielbrett, einer original peenemünder Sanduhr, einem Paar zehnseitiger Würfel, dem Sonnenrad der Zeit, einem großen Stapel von Aktionskarten, die farblich den jeweiligen Zeitzonen zugeordnet sind, einem Lösungsbuch und für jede Mitspielerin und jeden Mitspieler eine Tugendstange, auf die die zahlreichen Tugendringe gesteckt werden. Sie dient zugleich als Spielfigur.

Ziel des Spieles ist es, so viele Tugendringe wie möglich auf der Tugendstange aufzureihen. Gewonnen hat, wer mit den Tugendringen die oberste Farbe seiner Schwarz-Rot-Gold oder Schwarz-Weiß-Rot angemalten Tugendstange erreicht hat und darf direkt nach Walhalla einziehen.

Ob der Spieler mit einer Schwarz-Rot-Goldenen oder einer Schwarz-Weiß-Roten Stange spielt, entscheidet er vor Beginn des Spiels.

Taktiktipp:

Die beiden Tugendstangenarten sind zwar unterschiedlich hoch, allerdings heißt das nicht, dass die kleinere Schwarz-Rot-Goldene leichter zu spielen ist, da die Aufgaben und Abläufe auf dem Spielbrett die Wahl dieser Stange honoriert.

Das Spielbrett mit seinen 128 Spielfeldern ist in vier historische Zeitzonen aufgeteilt.

Diese sind: a) das 1000 jährige Reich, b) die Bundesrepublik, c) die Deutsche Demokratische Republik / Kurz: drüben und d) Klein-Groß-Deutschland.

Die Spielfelder erklären entweder direkt Aktionen, die die Spielerin oder der Spieler ausführen muss, oder verweisen auf zu ziehende Aktionskarten. Kommt man in seiner Zeitzone nicht zurecht bzw. gestaltet sich das Sammeln der Tugendringe schwer, kann man auf den so genannten Warp-Feldern – und NUR auf diesen – die Zeitzone wechseln. Dazu muss der Spieler zunächst würfeln und dabei eine Zahl zwischen 33 und 45 erreichen. Schafft er dies nicht, verliert er einen Tugendring für Verrat und muss in seiner Zeitzone bleiben. Schafft er die geforderte Würfelzahl, dreht er am Rad und setzt seine Spielfigur in die Zeitzone, die das Sonnenrad der Zeit anzeigt. Er behält allerdings die Tugendstange, die er sich vor Beginn ausgesucht hat.

Taktiktipp:

Logischerweise ist es mit einer Schwarz-Weiß-Roten Stange schwieriger, in der Zeitzone BRD an Tugendringe zu kommen. In der Zeitzone Klein-Großdeutschland wiederum wird das Sammeln der Tugendringe für Schwarz-Weiß-Rote wieder einfacher. Überlegen Sie also gut, in welcher Zone Sie auf Tugendjagd gehen wollen.

Die original peenemünder Sanduhr kommt bei der Beantwortung der auf den Aktionskarten gestellten Fragen zum Einsatz. Sie begrenzt die Antwortzeit auf 30 Sek. Die Bewertung der Antwort erfolgt über das beiliegende Lösungsbuch.

Nr 94 – Deutschlandspiel

93 Todesstrafe

Die heutige Sendung behandelt die abrupteste der finalen staatlichen Sanktionen: die Todesstrafe.

Die kontroverse Diskussion, die seit Jahren aus unterschiedlichster Motivation über dieses Thema geführt wird, vermittelt gewollt oder ungewollt leicht den Eindruck, das staatliche Strafsystem jenseits der Exekution sei eine legitime und humane Angelegenheit. Mit Sicherheit ist sie Ausdruck absoluter staatlicher Macht und der Delinquent wird sowohl von Gegnern als auch Befürwortern mit Empathie bedacht angesichts vermeintlich erlangter Vergeltung.

„Aber“, gibt Foucault in seinem 1974 erschienenen Text „Die zwei Toten Pompidous“ zu bedenken, „die Guillotine ist in Wahrheit nichts als der sichtbare Gipfel, die rote und schwarze Spitze der hohen Pyramide. Das gesamte Strafsystem ist im Grunde auf den Tod hin ausgerichtet und wird von ihm regiert. Ein Urteilsspruch entscheidet nicht, wie man glaubt, über Gefängnis oder Tod; sondern  wenn er das Gefängnis vorschreibt, dann fügt er als Möglichkeit hinzu: den Tod. Das Gefängnis ist keine Alternative zum Tod, es bringt den Tod mit sich. Ein und derselbe rote Faden durchläuft diese ganze Strafinstitution, die angeblich das Gesetz anwendet, es tatsächlich jedoch suspendiert: hinter den Toren des Gefängnisses regieren die Willkür, die Drohung, die Erpressung, die Schläge. Gegen die Gewalt des Gefängnispersonals haben die Verurteilten nichts mehr als ihre Körper, um sich zu verteidigen, und nur noch ihre Körper zu verteidigen. Um Leben oder Tod, nicht um ‚Besserung‘, geht es in den Gefängnissen.“

Ohne die drastischste Form staatlicher Sanktion damit relativieren zu wollen, ist die Debatte um die Todesstrafe nicht gelöst vom Gedanken staatlicher Strafen zu führen.

Nr 93 – Todesstrafe

92 Happy Birthday Germany

Liebe Zuhörerinnen und liebe Zuhörer,

ein ganz klein wenig feierlich ist uns ja schon zumute, dieser Tage, wo das Land, in dem wir mehr oder weniger zufällig leben, Geburtstag feiert. Und einen runden dazu.
Es ist ja ein wenig wie mit der puckeligen Verwandtschaft: man kann sie eigentlich nicht leiden und mehr als einmal wollte man den ein oder die andere schon mit einem Baseballschläger zum Verstummen bringen.

Aber wenn das große Jubiläum ansteht, reißt man sich eben ein wenig zusammen und spricht nicht schlecht über das Geburtstagskind. Zumindest nicht offen. Hinter vorgehaltener Hand, OK, da entgleiten einem schon mal die Gesichtszüge, aber alles in allem wollen wir uns, dem Anlass angemessen, zivilisiert benehmen. Zumal die Feierlichkeiten ja das ganze Jahr andauern.
Wir haben in der Redaktion lange diskutiert, ob wir uns an diesen Feiern überhaupt beteiligen sollen, immerhin sind wir gar nicht explizit eingeladen und der offizielle Rummel nimmt ja durchaus genug medialen Platz ein.
Aber: liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, gerade weil wir nicht immer das entspannteste Verhältnis zu Deutschland hatten und haben – andersherum wurden wir eher mit Nichtbeachtung gestraft – wollen wir die Errungenschaften der letzten 60 Jahre in diesem Land nicht einfach ignorieren.
Deshalb haben wir uns entschieden, fortan jede der diesjährigen Sendungen der Münchner Redaktion unter das gleiche Motto zu stellen: Sixty Years…
Eine Hommage sozusagen an Land aber auch an Leute, an die Deutschen, die ja in beinahe bewundernswerter Weise von Faschisten zu Demokraten wurden. Die in einem beispiellosen historischen Lernprozess erst Auschwitz bestenfalls ignorierten, später davon nichts wissen wollten um dann, gut 40 Jahre später, unter Berufung auf die Lehren aus Auschwitz, dem alten Kriegsgegner Serbien noch mal richtig einen einzuschenken.
Dieses lustige Völkchen, dass mit 40 Jahren noch mal so richtig die Sau raus ließ, den Staatssozialismus in den Mülleimer der Geschichte bugsierte und fortan als herzerweichendes Gesamtkunstwerk mal versuchte Vietnamesen bei lebendigem Leibe zu verbrennen, mal, eingehüllt in Schwarz-Rot-Gold, so richtig ausgelassen feierte, obwohl wir nicht mal Weltmeister wurden.
Nun, in vielen E-Mails und Anrufen in der Redaktion teilen Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, uns immer wieder Dinge und Vorgänge mit, die Sie nicht so toll finden, in diesem Land. Wir haben dafür ein offenes Ohr, das wissen Sie. Aber, wie Eingangs erwähnt, am Geburtstag sollte man höflich sein und, wenn man schon gefragt wird, das ein oder andere positive über das Geburtstagskind zum besten geben. Und das wollen wir nun also tun. In den nächsten 60 Minuten und, wie gesagt, in den weiteren Sendungen aus München in diesem Jahr.

92 Happy Birthday Germany

91 Kurz Und Knapp

Mit Rücksicht auf die die zunehmend schrumpfende Aufmerksamkeitsspanne der Menschheit wurde die Sendung 91 ausschließlich aus Kürzestbeiträgen zu allerlei Verdrießlichkeiten zusammengestellt; zur Sendungs-Halbzeit haben wir allerdings eine kleine Verschnaufpause eingelegt. Die Musik stammt – mit einer Ausnahme – von der Compilation „Short Music For Short People“.

Nr 91 – Kurz und Knapp

90 – Krise

Selbst wir, üblicherweise der optimistisch-hedonistische Fels in der Brandung der Kapitalismuskritik, können uns der aktuellen Weltwirtschaftskrise nicht mehr entziehen.
Dabei wollten wir zunächst gar nicht glauben, dass wir es momentan mit einer tatsächlich relevanten Krise des Kapitalismus zu tun haben. Schließlich haben wir alte Hasen des Marktgeschehens schon so einiges an Ups and Downs miterlebt. Und wir sind, anders als zum Beispiel Zumwinkel und Mehdorn, immer noch da.
Andererseits geistern täglich die realen Folgen von Auftragseinbrüchen, sinkenden Exportraten und abstürzenden Nachfragen nach was auch immer durch die Gazetten und TV-Nachrichten. Ein Teufelskreis. Die Antworten auf die Fragen, was da gerade passiert und vor allem, wer eigentlich Schuld ist an dem Desaster, sind so verwirrend, dass wir an dieser Stelle notgedrungen einschreiten müssen.
Wenn die Süddeutsche Zeitung das Ende des Kapitalismus aufziehen sieht, als wäre Robert Kurz der Ressortleiter Wirtschaft, wenn die deutsche Sozialdemokratie die angebliche Gier von Bankern und Managern geißelt, wenn eben diese Berufsgruppen erklären, die von ihnen angepriesenen Produkte keineswegs zu verstehen, dann müssen wir uns, ob wir wollen oder nicht, diesem Thema widmen.
Um so mehr, als wir eigentlich erwartet hätten, dass die kapitalismuskritische oder gar
–feindliche Linke nun zu großer Form auflaufen, endlich die Schmach des Niedergangs des realen Sozialismus abstreifen und schonungslos die Systemfrage stellen würde. Aber weit gefehlt. Niemand scheint so richtig zu begreifen, wohin die globale Wirtschaftsreise geht und was für Schlüsse zu ziehen sind. Versuchen wir uns mit Michael Heinrich und der Phase 2 also einmal an einer Einordnung.

Nr 90 – Krise

89 – XFactor

Ein wahres Super-Jubliäumsjahr, dieses 2009: Zwanzig Jahre Mauerfall, sechzig Jahre BRD, 2000 Jahre Varus-Schlacht. Ein Anlass jagt den nächsten: da wird gejubelt und gewürdigt, Anerkennung ausgesprochen und Andacht gehalten, Respekt gezollt, Lob gesungen – wir sind stolz, stolz stolz auf Leistung, Freiheit, Demokratie und Vaterland.
In einer neuen Folge von „17grad – Das Unfassbare“ präsentiert Ihnen Jonathan Frakes „Deutsche Mythen – Tat oder Wahrheit“.

84-Deprimusik

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ein herzliches Willkommen zu 17grad – Radio gegen die Spaßgesellschaft.
In der Historie unserer fast 100 Sendungen haben wir uns schon oft mit Dingen beschäftigen müssen, die wir Ihnen und uns lieber erspart hätten, die aber im Dienste eines aufgeklärten und unvoreingenommenen Journalismus nicht ausgespart werden durften.
Stets haben wir darauf geachtet, auch positive Aspekte des jeweiligen Gegenstandes zu präsentierten. Beim heutigen Thema – Sie werden es in den kommenden 60 Minuten bemerken – ist uns dies erstmalig nicht gelungen. Wir stellen Ihnen die 4 deprimierendsten Songs der Popgeschichte vor und danken Tom Reynolds für Text und Inspiration.

82-Separatistenbewegungen

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, liebe Gäste im Saal, ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer Unbelievable-Show, heute: „die 20 ultimativen Separatistenbewegungen“.
Mein Name ist Rico und ich habe die Ehre, Sie, liebes Publikum, durch die nächste Stunde zu führen. Gemeinsam mit den drei Schiedsrichterinnen Mandy (Hallo…), Chantal (Guten Abend…), und Jacline (Servus…) haben wir Ihr Voting in den letzten Wochen auf unserer Webseite www.17grad.net ausgewertet und präsentieren Ihnen im Laufe der nächsten 60 Minuten das Ergebnis hier aus München.
In den letzten 4 Wochen, liebes Publikum, hatten Sie die Gelegenheit, uns Ihr Votum mitzuteilen, versehen mit einer kurzen Begründung. Dabei konnten Sie uns drei Befreiungsbewegungen vorschlagen, die Ihrer Meinung nach den Einzug in unser großes Finale am heutigen Tag verdient haben. 800 000 unserer Zuhörerinnen und Zuhörer haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Und damit den Teilnahmerekord vom letzten Mal klar eingestellt (Applaus, Gejohle).

81

Herzlichen Willkommen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, zu einer intimen Stunde 17grad, Radio ohne Tabubruch-Attitüde. Wir haben für Sie – Moment, bei dem heutigen Thema sollten wir von der seit Jahrzehnten bewährten „Sie“-Form einmal abweichen und zum vertrauten „Du“ übergehen. Immerhin haben wir uns heute für Euch etwas ganz besonderes ausgedacht. Um es mal mit den Worten des FAZ-Feuilletons zu sagen: wir nähern uns dem Thema… und zwar dem Thema „Sex“. Bevor jetzt die ersten von Euch ermüdet abwinken und etwas von sexualisierte Gesellschaft, Lady Bitch Ray oder „Ich kann das Wort Sex nicht mehr hören“ grummeln: wir haben uns auch schwer getan. Wie an ein Thema rangehen, dass auf der einen Seite so ausgelutscht – Verzeihung – wie irgendetwas ist, auf der anderen Seite natürlich unzählige Fallstricke in sich birgt. Plötzlich schrie jemandin in die grüblerische Stille: Wettbewerb! Und so loben wir nun, zum ersten Mal in der so langen und traditionsbeladenen Geschichte dieser Sendung einen Wettbewerb aus. Sendet uns Eure Texte oder gleich die aufgenommenen Audio-Dateien zum Thema „Warum Sex Punk Punkt Punkt“. Wir haben als kleine Starthilfe schon mal vorgearbeitet: …

79-Kommunikationstechniken

Hallo, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, endlich ist es wieder so weit: 60 Minuten 17grad, Radio zur Optimierung zwischenmenschlicher Beziehungsgeflechte in der Arbeitswelt.

Wir leben in einer Kommunikationsgesellschaft. Manchmal wird auch der Begriff Wissensgesellschaft benutzt. Aber, Wissen allein, das wissen wir schon seit Kindertagen, bedeutet lediglich Macht. Um dieses Wissen im Rahmen eines Wissenstransfers auch der kapitalistischen Verwertungslogik zur Verfügung zu stellen und damit zu klingender Münze zu machen, dazu bedarf es ausgefeilter kommunikativer Strukturen. Diese kommunikativen Strukturen sind einem permanenten Wandel unterworfen. Nicht nur die Art, wie wir über Sachverhalte reden, ändert sich ständig, auch die formalen Rahmenbedingungen unterliegen dabei praktisch einem diskursiven KKVP, also einem Kontinuierlichen Kommunikativen Verbesserungsprozess. KKaizen würde man folglich in Japan dazu sagen. Diese stetige Weiterentwicklung kommunikativer Prozesse und Abläufe manifestiert sich recht offensichtlich beispielsweise in kommerziellen Seminaren und Kongressen. An den Orten also, deren Wertschöpfung sich quasi ausschließlich aus der Kommunikation und dem organisatorischen drum herum speist. Wer, aus welchen beruflichen oder privaten Gründen auch immer, derartige Veranstaltungen besucht oder besuchen muss, kennt die gängigen Praktiken, die im Zuge solcher Events praktiziert werden: Podiumsdiskussionen, mehr oder weniger elegant begleitet durch mehr oder weniger vorbereitete Moderatoren – die durchgehend männliche grammatikalische Form ist hierbei bewusst gewählt –, gegebenenfalls eingeläutet durch so genannte Impulsreferate, also durch langatmige Grundsatzreden von nicht unbedingt eloquenten Personen, flankiert von verwirrten Koreferenten aus dem Publikum, die sich, an keine inhaltliche und formale Absprache haltend, den Frust ihres Lebens von der Seele brabbeln, aggressive Zwischenrufer, die den Weg zum Saalmikrofon scheuen. Und anschließend, nach einer kurzen Kaffeepause, die Workshops oder auch Panels, die im Kleinen das wiederholen, was vorher schon im Großen schief gegangen ist.

Wir werfen heute einen Blick auf die neuesten Trends und Entwicklungen innerhalb des Seminar- und Konferenzmarktes. Und am Ende, liebe Zielgruppe, werden Sie es kaum erwarten können, eine derartige Veranstaltung zu besuchen und Teil der kommunikativen „Großen Verbindung“ werden. …